INSTITUT FÜR RELIGIONSWISSENSCHAFT Algorithmische Ikonen: Wie Plattformbilder das Religiöse fortschreiben

Ausgangspunkt

Digitale Plattformen wie Instagram und TikTok prägen zunehmend gesellschaftliche Vorstellungen von Körpern, Schönheit und Normalität. Durch algorithmisch gesteuerte Sichtbarkeitsmechanismen entstehen visuelle Ordnungssysteme, die idealisierte Körperbilder hervorheben, wiederholen und affektiv aufladen. Besonders sichtbar wird dies in der Inszenierung von Weiblichkeit: Influencerinnen erscheinen nicht nur als Vorbilder, sondern als medial stabilisierte Ikonen mit normativer Wirkung. Die Bildpraxis digitaler Plattformen reproduziert dabei Strukturen, die historisch der religiösen Ikonografie zugeordnet waren.

Fragestellung

Wie erzeugen digitale Plattformbilder normative Körperideale – und inwiefern lassen sich diese Prozesse als religionsanaloge Bildpraktiken deuten, die an die Geschichte religiöser Ordnungsvorstellungen anschließen?

Das Projekt arbeitet mit zwei komplementären Zugängen:

  1. Religionsanaloge Formationen (IRW Heidelberg): Digitale Bildkulturen werden als kulturelle Praktiken verstanden, die in Struktur, Funktion und sozialer Wirkung mit religiösen Bildordnungen vergleichbar sind. Sie stiften Orientierung, Normalität und Gemeinschaft durch ikonische Wiederholung und affektive Aufladung.
  2. Antón Barba-Kay (2023): In A Web of Our Own Making beschreibt Barba-Kay die digitale Ästhetik als strukturierende Wirklichkeitsform. Das Bild wird nicht länger als Repräsentation des Realen verstanden, sondern als das, was Wirklichkeit erzeugt – eine Dynamik, die an religiöse Bildmacht anschließt.

Ergänzend wird mit dem Konzept der sensational forms (Birgit Meyer) gearbeitet, um die affektive Wirkung und Wiedererkennbarkeit digitaler Bildcodes zu fassen.

Methode

Kombiniert werden digitale Ethnografie, Medienanalyse und Diskursanalyse. Analysiert werden visuelle Formate, algorithmische Logiken und Nutzerinteraktionen auf Plattformen, die zur Stabilisierung geschlechtlich codierter Normen beitragen. Der Fokus liegt auf der Ästhetik idealisierter Körperbilder und deren Wiederholung im Modus des Ikonischen. Ziel ist es, die mediale Logik dieser Bildwelten als Fortsetzung religiöser Ordnungsbildung zu rekonstruieren – in säkularisierter, aber strukturell verwandter Form.