INSTITUT FÜR RELIGIONSWISSENSCHAFT Vertraute Maschinen: Relationale Verschiebungen durch Pflegeroboter im transkulturellen Vergleich Japan–Deutschland
Projektbeschreibung
Dieses Projekt untersucht, wie sich menschliche Beziehungen zu sich selbst und zu anderen durch den Einsatz sozial interagierender Roboter – wie Lovot oder Paro – in pflegerischen Kontexten verändern. Im Fokus stehen nicht technische Funktionalitäten, sondern die Frage, wie Roboter als emotionale Schnittstellen wirken: Wie fördern sie Nähe, erzeugen Trost oder strukturieren Fürsorge neu? Ausgangspunkt ist Brent S. Plates religionswissenschaftliches Konzept von Religion als relationaler Praxis: Entscheidend ist nicht die Frage nach Würde oder Bewusstsein der Maschinen, sondern wie sich das In-Beziehung-Treten durch ihre Präsenz verändert.
Japan dient als primäres Fallbeispiel. Dort wird Robotik gezielt gefördert, um auf die Care-Krise zu reagieren – nicht nur als technologische Lösung, sondern als kulturell eingebettetes Zukunftsprojekt. Während Roboter wie Lovot messbar Einsamkeit mindern können, zeigen ethnographische Studien (z. B. James Wright), dass ihr Einsatz oft an Alltagstauglichkeit und strukturellen Problemen scheitert. Ergänzend werden kritische Positionen von Emily Kenway (Who Cares) und Kathleen Richardson berücksichtigt, die auf verdeckte Formen der Entwertung menschlicher Arbeit und Beziehung hinweisen.
Das Projekt fragt, welche dieser Entwicklungen auf den deutschen Kontext übertragbar sind – und welche kulturellen Differenzen im Verständnis von Technik, Pflege und sozialer Nähe eine Rolle spielen. Dabei werden auch ästhetische und affektive Aspekte analysiert: Roboter wie Paro oder Pepper operieren nicht nur funktional, sondern über ihre Gestaltung als Sensational Forms (Birgit Meyer), die über Stimme, Bewegung und Haptik emotionale Reaktionen auslösen. Sie treten damit in einen Bereich ein, der traditionell durch Religion, Familie oder menschliche Nähe strukturiert war.
Methodisch kombiniert das Projekt Diskursanalyse (z. B. von Förderprogrammen und Mediennarrativen), qualitative Inhaltsanalyse (von Robotik-Fallstudien), teilnehmende Beobachtung in deutschen Pflegeeinrichtungen sowie religionsästhetische Analyse von Form, Materialität und Wirkung ausgewählter Pflegeroboter. Ziel ist es, kulturell situiertes Wissen über technikvermittelte Fürsorge zu gewinnen – und zugleich neue Perspektiven auf die soziale Wirksamkeit von Maschinen zu eröffnen.
Mit seinem Fokus auf die relationale Dimension technischer Systeme leistet das Projekt einen Beitrag zur aktuellen Debatte um das Verhältnis von Mensch und Maschine – insbesondere in einer Schlüsselzone gesellschaftlicher Zukunftsgestaltung: der Pflege.